Dienstag, 25. September 2012

Nachtgedanken: Synthetisches Fleisch?

Gerade lese ich ein Heft namens "Captial", das ich wohl sonst nicht einmal eines Blickes gewürdigt hätte, wenn mein Freund es nicht gefunden hätte. Dort geht es neben viel Anleger-, Investoren- und Bankerkram überraschenderweise auch ein paar Seiten lang um synthetisches Fleisch. Der Artikel an sich ist sehr interessant und meiner Meinung nach gut geschrieben, auch wenn ich mich den Verfassern nicht immer anschließen kann. Ich bin erstaunt darüber, dass dort tatsächliche Zahlen und Fakten über Massentierhaltung geschrieben werden, die in anderen Artiken entweder schöngeredet oder gar nicht erst erwähnt werden:

"2010 [...] wurden weltweit 320 Millionen Rinder und Büffel, geschlachtet, 537 Millionen Schafe, 1,4 Milliarden Schweine, 1,2 Milliarden Hasen und Kaninchen, 2,7 Milliarden Enten und 55 Milliarden Hühner. Der Weltmarkt für Fleisch ist 1000 Milliarden Dollar schwer - nur die Auto- oder die IT-Industrie setzen ähnlich viel um" (Seite 111).

Immer wieder erschreckend, traurig und schwindelerregend. 
Außerdem wird berichtet, dass 2050 ca. 500 Milliarden Tonnen mehr Fleisch (also doppelt so viel wie heute) aufgrund des zunehmenden Wohlstandes der Dritte-Welt-Länder benötigt werden - dafür reicht aber weder unser Weide-, Futter- oder Wasservorrat. Der Mensch muss sich anhand dieser unausweichlichen Fakten  ändern, Fleischkonsum muss minimiert werden, so steht es explizit im Text.

Wir wissen es schon lange, viele verschließen dennoch die Augen: Was habe ich mit dem Hunger der Kinder in Afrika zu tun? "Hauptverursacher des wachsenden Welthungers ist der Fleischkonsum" heißt die unbequeme Wahrheit. Für Gemüse und Getreideanbau zum direkten Verzehr für den Menschen stehen 1/3 der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen zur Verfügung - 2/3 werden für "Nutztiere" und deren Futtermittel "gebraucht". Begriffe wie "warnen" und "müssen" werden benutzt, um den übermäßigen Fleischkonsum der Menschen anzuprangern. Die Autoren schreiben weiterhin über die Tatsache, dass für ein Kilo (!) Rindfleisch 15500 Liter Wasser verschwendet werden, wohingegen auf ein Kilo Kartoffeln "nur" 287 Liter Wasser kommen. 
Diese Fakten sind den meisten Veganern bekannt, aber ich fasse sie dennoch hier zusammen, da die Zahlen einerseits beängstigend und schwindelerregend hoch sind, andererseits finde ich es jedoch gut, dass sie genannt werden und dem Leser in einem einzigen Artikel, der nicht aus einer Ernährungszeitschrift stammt, präsentiert werden. Ich denke auch, dass sich die Zielgruppe des Heftes nicht unbedingt ständig mit Fleischkonsum und den Folgen auseinandersetzt, denn ich hätte einen solchen Bericht auch nicht in einem Heft mit dem Titel "Capital" erwartet. 
Doch um dem Titel treu zu bleiben, hat der Text natürlich auch eine andere Funktion: Neben der Anprangerung vom Fleischkonsum zu unserer Zeit, wird die Alternative, die lukrative Idee des synthetischen Fleischs vorgestellt. Willem van Eelen hat das "weltweit erste Patent zur Herstellung von synthetischem Fleisch". Er hat sich schon früh gefragt (genau genommen zu Kriegszeiten, der Mann trägt schon ein stolzes Alter), wieso man so verschwenderisch mit Tieren und deren Körpern umgeht. Den genauen Hergang und den Prozess der Herstellung möchte ich nicht näher erläutern, noch ist es auch nicht so weit, dass "In-Vitro-Fleisch" zum Verkauft angeboten werden könnte, dennoch finde ich es interessant.

Ich selbst würde niemals zu dieser Fleisch-Art greifen, da ich der festen Überzeugung bin, dass mein Körper und jeder menschliche Körper keinerlei tierische Produkte braucht, um gesund und munter leben und überleben zu können. Was ich nicht brauche, esse ich dann natürlich auch nicht in künstlich hergestellter Form (aus echten, tierischen Stammzellen). Löblich finde ich nur, dass der Aspekt des Tierschutzes und die Abschaffung der Massentierhaltung und damit verbundenen Tierquälerei mit einer solchen "Lösung" durchweg minimiert werden könnte und im Text auch oft Erwähnung findet. Ich würde es immer noch bevorzugen, dass mehr und mehr Menschen komplett auf Tiere als Nahrungsmittelieferanten verzichten würden, aber bis dahin ist eine solche Kunstfleisch-Option sicherlich kein schlechter Weg. 
Eigentlich wollte ich diesen Eintrag erst "morgen", das heißt, nach meiner Nachtruhe, schreiben, aber es juckte mich so in den Fingern, dass ich mich gleich dransetzen musste. 

Mich würde jetzt natürlich auch eure Meinung interessieren: Was haltet ihr von dem Artikel, was von synthetischem Fleisch? Würdet ihr es in Betracht ziehen, es zu essen? Wie findet ihr die Idee generell, denkt ihr sie hat Zukunft oder verteufelt ihr sie? Ich freue mich über jede Antwort, egal ob Veganer, Vegetarier, Omnivore oder Rohköstler - es geht uns schließlich alle was an. Danke fürs Lesen :)
 

5 Kommentare:

  1. Die Debatte um das Kunstfleisch war neulich erst im Gespräch und da habe ich auch lange drüber nachgedacht. Ich halte generell eigentlich nichts davon, so etwas zu konsumieren, aber in Anbetracht dessen, dass dadurch der Massentierhaltung und dem Tod von vielen Tieren ein Riegel vorgeschoben wird, ist mir diese Lösung recht. Wenn es eines Tages so weit ist, vielleicht würde ich es auch aus Neugier einmal probieren. Das kann ich aber jetzt nicht sicher sagen. Ich würde definitiv mein veganes Leben nicht aufgeben, weil ich auch der Ansicht bin, dass man keine tierischen Produkte zum Leben braucht.

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    1. ja ich sehe es ähnlich - maximal probieren, da ist ja nichts groß dabei. an sich aber wirklich in brisantes thema!

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  2. Ich finde die Debatte ziemlich interessant, aber mich persönlich widert es irgendwie trotzdem an. Ich weiß nicht wieso, aber für mich ist es nicht das gleiche, Fleischersatz zu konsumieren und synthetisches Fleisch zu essen, auch wrnn das wahrschrinlich paradox ist... Aber etwas aus Weizen und Soja herzustellen oder etwas im Labor zu züchten. Das widerspricht meiner Ansicht dem
    Ursprungsgedanken des Veganismus. Und
    ja ich esse auch Kaugummi, der aus
    chemischen Aromastoffen zusammengemixt
    wird ;PP
    Also ist meine Abneigung gegen die Idee wahrscheinlich ziemlich irrational.
    Aber ich denke, dass man einfach aufmerksam machen sollte auf das Leod, das so erfolgreich vertischt wird.
    Jeder der sich intensiv damit beschäftigt wird wahrscheinlich iwann die Grausamkeit erkennen.
    Und Seitan/Tofu machen doch eine ziemlich gute Figur, wenn man sie als Schnitzel oder Gulasch verkleidet =^*^=
    Trotzdem würde ich nicht generell sagen, dass wir/ich nichts esse, wad ich nicht brauche... Schoko und Süßzeug wären zwar nicht notwendig, aber deginitiv lecker ;pp

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    1. P.S.: uiuiui sry fürs "zuspammen" 
      Alles alles Liebe,
      Nora ^.x.^

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    2. mit der schokolade etx hast du recht, aber da habe ich persönlich das gute gewissen, dass kein tier dafür irgendwie leiden musste, da unser süßzeug ja trotzdem vegan (und bestfalls auch fairtrade) ist. ich meinte eher, dass ich meinem körper mit explizit tierischen produkten nicht mehr schaden will..würde aber dann natürlich auch das kunst-fleisch wie gesagt aus diversen gründen nicht verzehren. für die Massen ist es allerdings eine gute option, erst mal. danke für deinen beitrag, ist doch super, wenn du viel zu sagen hast (so gehts mir bei jedem eintrag, den ich schreibe ;) )

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